Speichel: die Superkraft in unserem Mund

Was ist Speichel und warum ist er so wichtig?

Speichel (Saliva) ist weit mehr als nur eine Flüssigkeit in unserem Mund. Er ist eine hochkomplexe Bioflüssigkeit als unsichtbarer Beschützer unserer Mundgesundheit.
Obwohl wir ihn im Alltag kaum wahrnehmen schützt er durch seine Inhaltsstoffe nicht nur unsere Zähne sondern erfüllt lebenswichtige Funktionen. Neben der Unterstützung der Verdauung schützt als Teil des Immunsystems auch vor Krankheitserregern.

Wer produziert unseren Speichel?

Unser Körper verfügt über ein ausgeklügeltes System von Speicheldrüsen, die täglich für die Produktion dieser wichtigen Flüssigkeit sorgen. Hauptsächlich sind dafür drei große Speicheldrüsenpaare verantwortlich:

  1. Ohrspeicheldrüsen (Parotisdrüsen): Diese größten Speicheldrüsen befinden sich vor den Ohren und produzieren einen eher wässrigen Speichel, reich an Enzymen.
  2. Unterkieferspeicheldrüsen (Submandibulardrüsen): Diese liegen unterhalb des Unterkiefers und liefern einen Speichel mit höherem Schleimanteil.
  3. Unterzungenspeicheldrüsen (Sublingualdrüsen): Die kleinsten der großen Speicheldrüsen befinden sich unter der Zunge und produzieren hauptsächlich schleimhaltigen Speichel.

Zusätzlich verfügen wir über hunderte kleinere Nebendrüsen, die in der gesamten Mundschleimhaut verteilt sind. Sie tragen etwa 10% zur gesamten Speichelproduktion bei und sind besonders wichtig für die kontinuierliche Befeuchtung der Mundschleimhaut.

Wie wird die Speichelproduktion gesteuert?

Die Produktion von Speichel ist ein faszinierender Prozess, der vom vegetativen (autonomen) Nervensystem gesteuert wird – also jenem Teil unseres Nervensystems, der unwillkürlich arbeitet. Zwei Komponenten spielen dabei eine entscheidende Rolle:

  • Der parasympathische Teil des Nervensystems (zuständig für Erholung und Verdauung) regt die Speicheldrüsen an, mehr Flüssigkeit zu produzieren, was zu einer erhöhten Speichelmenge führt.
  • Der sympathische Teil (zuständig für „Kampf oder Flucht“-Reaktionen) beeinflusst hingegen die Zusammensetzung des Speichels und macht ihn zäher.

Welche Reize lösen die Speichelproduktion aus?

Verschiedene Stimuli können unsere Speicheldrüsen zur Produktion anregen:

  • Geschmacksreize: Besonders saure Nahrungsmittel wie Zitronen fördern die Speichelproduktion stark.
  • Kauaktivität: Das Kauen von Nahrung oder auch Kaugummi stimuliert mechanisch die Speicheldrüsen.
  • Geruchsreize: Schon der Duft einer leckeren Mahlzeit kann „das Wasser im Mund zusammenlaufen“ lassen.
  • Taktile Reize: Die Berührung der Mundschleimhaut, etwa durch Zahnbürsten oder Zahnärztliche Instrumente, kann ebenfalls Speichelfluss auslösen.
  • Psychische Faktoren: Allein der Gedanke an Essen oder auch Stress und Angst können die Speichelproduktion beeinflussen.

Wie viel Speichelflüssigkeit produzieren wir täglich?

Ein gesunder Erwachsener produziert täglich zwischen 0,5 und 1,5 Liter „Spucke“. Diese Menge mag überraschend erscheinen, da wir den Speichel meist unbewusst schlucken. Die Produktion ist nicht gleichmäßig über den Tag verteilt:

  • Im Wachzustand produzieren wir etwa 0,5 ml pro Minute.
  • Während des Essens kann sich diese Menge auf bis zu 7 ml pro Minute erhöhen.
  • Im Schlaf geht die Speichelproduktion auf nahezu Null zurück.

Diese natürlichen Schwankungen sind normal und helfen dem Körper, effizient mit Ressourcen umzugehen.

Was ist drin in unserer Mundflüssigkeit?

Obwohl unsere Spucke zu etwa 99% aus Wasser besteht, sind es die restlichen Bestandteile, die ihn zu einer bemerkenswerten Bioflüssigkeit machen:

Enzyme

  • Amylase: Beginnt bereits im Mund mit der Verdauung von Kohlenhydraten
  • Lysozym: Wirkt antibakteriell und zerstört die Zellwände bestimmter Bakterien
  • Lipase: Hilft bei der Fettverdauung

Proteine und antimikrobielle Substanzen

  • Muzine: Bilden einen schützenden Film auf den Zähnen und der Mundschleimhaut
  • Lactoferrin: Bindet Eisen und entzieht es damit Bakterien, die es zum Wachstum benötigen
  • Wasserstoffperoxid: Hat desinfizierende Eigenschaften
  • Immunglobuline: Bieten Schutz vor Krankheitserregern

Mineralien und Elektrolyte

  • Kalzium und Phosphat: Wichtig für die Remineralisierung des Zahnschmelzes
  • Bikarbonat: Puffert Säuren ab und hilft, den pH-Wert im Mund zu regulieren
  • Fluorid: Stärkt den Zahnschmelz und macht ihn widerstandsfähiger gegen Säureangriffe

Vielfältigen Funktionen: unsere Spucke kann viel

Unserer Speichel erfüllt zahlreiche lebenswichtige Funktionen in unserem Mund:

Schutzfunktionen

  • Spülfunktion: Entfernt Nahrungsreste und reduziert die Anzahl von Bakterien
  • Pufferwirkung: Neutralisiert Säuren und schützt so vor Karies
  • Antimikrobielle Wirkung: Hemmt das Wachstum von Bakterien, Viren und Pilzen
  • Schleimhautschutz: Befeuchtet und schützt die empfindliche Mundschleimhaut

Verdauungsfunktionen

  • Erleichterung des Kauens: Macht die Nahrung weich und formbar
  • Beginnende Verdauung: Startet die Aufspaltung von Kohlenhydraten
  • Bildung des Speisebreis: Hilft bei der Formung eines schluckbaren Bolus

Sensorische Funktionen

  • Geschmackswahrnehmung: Löst Geschmacksstoffe und transportiert sie zu den Geschmacksknospen
  • Sprachfunktion: Erleichtert die Artikulation durch Befeuchtung der Mundhöhle

Regenerative Funktionen

  • Remineralisierung: Liefert Mineralien für die Reparatur des Zahnschmelzes
  • Wundheilung: Enthält Wachstumsfaktoren, die die Heilung von Verletzungen in der Mundhöhle fördern

Speichel als Spiegel von Krankheiten

Viele Krankheiten äussern sich durch Produkte, wie z.B. Enzyme oder Abbauprodukte im Speichel. Im eigenen Kapitel Speicheltests zeigen wir, wie unverzichtbar die Speicheldiagnostk für unser Zahn- und Allgemeingesundheit geworden ist. Gerade für schwere Entzündungen im Mundraum, wie die Parodontitis und Periimplantitis, können Speicheltest zum Nachweis von speziellen Entzündungsparametern (MMP-8) Hinweise geben, bevor die Entzündung schaden anrichten kann.

Der trockene Mund (Xerostomie)

Die Verminderung der Speichelproduktion, medizinisch als Hyposalivation bezeichnet, führt zu Mundtrockenheit (Xerostomie). Diese Erkrankung kann erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität haben und verschiedene Ursachen haben:

Ursachen für verminderte Salivation

  • Medikamente: Über 500 Medikamente können als Nebenwirkung Mundtrockenheit verursachen
  • Bestrahlung: Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich kann Speicheldrüsen schädigen
  • Autoimmunerkrankungen: Besonders das Sjögren-Syndrom greift die Speicheldrüsen an
  • Altersbedingte Veränderungen: Mit zunehmendem Alter kann die Speichelproduktion abnehmen
  • Dehydration: Flüssigkeitsmangel führt zu verminderter Speichelproduktion
  • Chronischer Stress: Kann langfristig die Speichelzusammensetzung verändern

Symptome der Mundtrockenheit

  • Trockenes, brennendes Gefühl im Mund
  • Schwierigkeiten beim Schlucken trockener Nahrung
  • Sprachschwierigkeiten, besonders bei längeren Gesprächen
  • Veränderte Geschmackswahrnehmung
  • Erhöhter Durst
  • Rissige, trockene Lippen
  • Mundgeruch

Folgen von Xerostomie

  • Erhöhtes Kariesrisiko: Durch verminderte Spül- und Pufferwirkung
  • Erhöhtes Risiko für Pilzinfektionen: Besonders Candida-Infektionen
  • Probleme mit Zahnersatz: Schlechterer Halt von Prothesen
  • Schleimhautentzündungen: Die trockene Schleimhaut ist anfälliger für Verletzungen und Entzündungen
  • Schlechte Wundheilung: Nach zahnärztlichen Eingriffen oder Implantationen

Wenn zu viel Speichel produziert wird: Hypersalivation

Die übermäßige Speichelproduktion (Hypersalivation) oder Probleme beim Schlucken des Speichels können ebenfalls belastend sein:

Ursachen für vermehrte Speichelproduktion

  • Neurologische Erkrankungen: Wie Parkinson oder Schlaganfall
  • Bestimmte Medikamente: Besonders solche, die das parasympathische Nervensystem stimulieren
  • Entzündungen im Mundraum: Können reflektorisch mehr Speichel auslösen
  • Refluxkrankheit: Magensäure kann die Speichelproduktion anregen
  • Schwangerschaft: Hormonelle Veränderungen können zu mehr Speichel führen

Folgen von übermäßigem Speichel

  • Hautreizungen im Mundwinkelbereich
  • Sprachschwierigkeiten
  • Peinliches Gefühl in sozialen Situationen

IMPLANTAT-SPEZIALISTEN IN IHRER NÄHE

Implantologen mit Preisgarantie
Erweiterte Suche

Welche Medikamente beeinflussen die Speichelproduktion?

Viele Medikamente können die Mundgesundheit und als Nebenwirkung speziell die Salivation beeinflussen:

Medikamente, die Mundtrockenheit verursachen können

  • Antihistaminika: Allergiemedikamente
  • Antidepressiva: Besonders trizyklische Antidepressiva und SSRIs
  • Antihypertensiva: Blutdruckmedikamente, besonders Diuretika
  • Anticholinergika: Bei Blasenproblemen oder COPD
  • Opioide: Starke Schmerzmittel
  • Neuroleptika: Bei psychiatrischen Erkrankungen
  • Muskelrelaxantien: Bei Muskelverspannungen
  • Antiparkinsonmittel: Zur Behandlung von Parkinson-Symptomen

Medikamente, die die Produktion erhöhen können (Hypersalivation)

  • Cholinergika: Z.B. Pilocarpin zur Behandlung von Mundtrockenheit
  • Bestimmte Antipsychotika: Wie Clozapin
  • Parasympathomimetika: Stimulieren die Speicheldrüsen

Die besondere Bedeutung des Speichels für Zahnersatz und Implantate

Speichel spielt eine entscheidende Rolle für den Erfolg und Komfort von Zahnersatz und Zahnimplantaten:

Bedeutung für herausnehmbaren Zahnersatz (Prothesen)

  • Haftung: Speichel bildet einen Saugfilm zwischen Prothese und Schleimhaut, der für den Halt sorgt
  • Gleitmittel: Verhindert Reibung und Druckstellen
  • Schutz: Bildet einen Puffer zwischen Prothese und empfindlicher Schleimhaut
  • Reinigung: Spült Speisereste unter der Prothese weg

Bei Mundtrockenheit können Prothesen schlechter haften, mehr reiben und zu vermehrten Druckstellen führen.

Bedeutung für festsitzenden Zahnersatz und Implantate

  • Schutz vor Entzündungen: Speichel spült Bakterien weg und hemmt deren Wachstum an den Übergängen zwischen Zahnersatz und natürlichem Gewebe
  • Remineralisierung: Hilft, den Zahnschmelz an den Rändern von Kronen und Brücken zu stärken
  • Heilungsförderung: Unterstützt die Wundheilung nach Implantationen durch enthaltene Wachstumsfaktoren
  • Schutz vor Periimplantitis: Die antimikrobielle Wirkung des Speichels hilft, Entzündungen um Implantate zu verhindern

Bei verminderter Speichelproduktion steigt das Risiko für Implantatkomplikationen wie Periimplantitis (Entzündung des Gewebes um das Implantat) deutlich an.

Was kann man bei Problemen mit der Speichelproduktion tun?

Bei Mundtrockenheit

  • Ausreichend trinken: Mindestens 1,5-2 Liter täglich
  • Kaugummi kauen: Zuckerfreie Kaugummis regen die Speichelproduktion an
  • Spezielle Mundspülungen: Ohne Alkohol, mit Mineralien und Befeuchtungsmitteln
  • Speichelersatzmittel: Als Spray, Gel oder Mundspülung
  • Medikamentöse Therapie: Bei schwereren Fällen kann der Zahnarzt spezielle Mittel verschreiben
  • Überprüfung der Medikation: Gegebenenfalls kann der Arzt Alternativen zu speichelreduzierenden Medikamenten finden
  • Luftbefeuchter: Besonders nachts kann ein Luftbefeuchter im Schlafzimmer hilfreich sein

Bei übermäßigem Speichelfluss

  • Medikamentöse Therapie: In schweren Fällen können Anticholinergika helfen
  • Logopädische Übungen: Verbessern die Kontrolle über den Speichelfluss
  • Behandlung der Grunderkrankung: Wenn Reflux oder andere Erkrankungen die Ursache sind

implantate.com- Fazit

Speichel ist weit mehr als nur eine Flüssigkeit in unserem Mund. Er ist ein hochkomplexes Biosystem, das entscheidend für unsere Mundgesundheit ist. Die richtige Menge und Zusammensetzung des Speichels kann die Lebensdauer unsere Zähne, aber auch den Erfolg von Zahnersatz und Implantaten, maßgeblich beeinflussen.

Vila, T., Rizk, A. M., Sultan, A. S., & Jabra-Rizk, M. A. (2019). The power of saliva: Antimicrobial and beyond. PLOS Pathogens, 15(11). https://doi.org/10.1371/JOURNAL.PPAT.1008058
Proctor, G. (2016). The physiology of salivary secretion. Periodontology 2000, 70(1), 11–25. https://doi.org/10.1111/PRD.12116
Pedersen, A. M. L., Sørensen, C. E., Proctor, G., Carpenter, G. H., & Ekström, J. (2018). Salivary secretion in health and disease. Journal of Oral Rehabilitation, 45(9), 730–746. https://doi.org/10.1111/JOOR.12664
Hernández, L. M., & Taylor, M. K. (2020). Salivary Gland Anatomy and Physiology (pp. 11–20). Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-35784-9_2
Bitla, A. R., Kumar, V. S., & Rao, S. (2013). Special Feature: Saliva as an emerging diagnostic biological fluid. https://svimstpt.ap.nic.in/jcsr/oct-dec13_files/SF.pdf
Felix, D. H., Luker, J., & Scully, C. (2012). Oral medicine: 4. Dry mouth and disorders of salivation. Dental Update, 39(10), 738–743. https://doi.org/10.12968/DENU.2012.39.10.738
Ticona Vidal, R. A., Maquera Quispe, L. F., Tuyo Aduviri, D. M., Huiza Cutipa, L. X., Barreda Palacios, P. P., Ramirez Alanoca, E. E., Mamani Barrueta, A. J., Velarde Quispe, R. E., & Velarde Quispe, A. A. (2021). Saliva: control nervioso, composición y función. 15(1), 67–74. https://doi.org/10.33326/26176068.2021.1.1035
Letzte Aktualisierung am Mittwoch, 16. April 2025